Spaced Repetition: Spare Zeit und vergesse nicht mehr

Als Schüler oder Student weiss man nur allzu gut, dass das Lernen viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Lieber würde man so viel Zeit wie möglich mit seinen Freunden verbringen wollen, anstatt den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen. Um dieses Ziel zu erreichen, musst du eine Lernmethode finden, mit der du weniger Zeit für das Lernen aufwenden musst und trotzdem die gleiche Menge an Informationen im Gedächtnis speichern kannst.

Die Lösung: “Spaced Repetition” oder auch “Verteilte Wiederholung” genannt. Hinter dem verbirgt sich eine Lernmethode, bei der die zu lernenden Inhalte in regelmässigen Abständen wiederholt werden. Dadurch soll es möglich sein, sich an mehr zu erinnern und schlussendlich weniger Zeit mit dem Lernen zu verbringen. “Spaced Repetition” ist möglicherweise die effektivste Technik, wenn es darum geht, die Fähigkeit deines Gehirns zu verbessern, sich mehr von dem Gelernten merken zu können.

In diesem Artikel lernst du: Den Hintergrund dieser Lernmethode, Theorie, Anwendungstipps, welche Wiederholungsintervalle ich benutze, das Leitner-System und Empfehlungen von “Spaced Repetition”-Apps.

Hintergrund der Lernmethode

Die Lernmethode “Spaced Repetition” nutzen ein Gedächtnisphänomen, namens “Spacing-Effekt”. Dieses beschreibt, dass unser Gehirn effektiver Informationen speichert, wenn der Lernstoff über einen längeren Zeitraum verteilt erlernt wird.

Die ersten Forschungen zum verteilten Wiederholen gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. In den 1880er Jahren befasste sich ein deutscher Psychologe namens Hermann Ebbinghaus als erster, systematisch mit der Erforschung des Gedächtnisses. Ebbinghaus versuchte dabei sich sinnlose Silben zu merken, die er selber erfunden hatte. Einhergehend dokumentierte er präzise, wie viele davon er sich merken konnte, die Anzahl Wiederholungen, die er benötigte und die Zeitintervalle zwischen seinen Lern-Sessions. Der Psychologe zeigte somit mit welcher Geschwindigkeit, Erinnerungen im Laufe der Zeit aus dem Gedächtnis verschwinden, also den Grad des Vergessens.

Der Grad des Vergessens zeigte er anhand eines Diagramms namens der Vergessenskurve auf. Anhand dieser Kurve konnte man feststellen, dass sich der Vergessensprozess nicht linear über die Zeit verhält, sondern exponentiell. Die Vergessenskurve hatte starken Einfluss auf das Gebiet der Gedächtniswissenschaft.

Theorie der Lernmethode “Spaced Repetition”

Die Vergessenskurve können wir nun unterbrechen, indem wir anfangen den Lernstoff in gewissen Zeitintervallen zu repetieren. Somit soll es möglich sein, je mehr du übst und je weiter diese Wiederholungen zeitlich voneinander entfernt liegen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir den Lernstoff in unser Langzeitgedächtnis bringen.

Nach der Idee der “Verteilten Wiederholung”, erlaubt man somit dem Gehirn gewisse gelernte Inhalte zu vergessen, um schlussendlich sicherzustellen, dass der aktive Rückrufprozess beim Wiederholen des Lernstoffs, geistig anstrengend ist. Somit je härter das Gehirn arbeiten muss, um das Gelernte abzurufen, desto wahrscheinlicher ist es, dass dieser Lernstoff im Gedächtnis bleibt.

Indem man die Wiederholungsintervalle um einen Tag, zwei Tage, vier Tage, acht Tage verschiebt, erlaubt man dem Gehirn manche Bestandteile des Lernstoffs zu vergessen, um dann beim aktiven Rückrufprozess, aktiv die Gehirnleistung zu beanspruchen. Passive Wiederholungsmethoden, wie beispielsweise mehrmaliges lesen, weisen einen deutlich geringeren Nutzen auf.

Probiere es selber mal aus:

  1. Lese eine Textpassage mehrmals (zum Beispiel viermal).
  1. Nehme eine von der Grösse her ähnliche Textpassage und lese sie und versuche dich dann zu testen, ob du den Inhalt wiedergeben kannst.
  1. Versuche jeweils einzeln nach dem du den erste, beziehungsweise den zweiten Schritt gemacht hast, dich zu testen mit welchem du effektiver den Inhalt lernen konntest.

Wie wende ich “Spaced Repetition” an?

Die Anwendung dieser Lernmethode ist sehr simpel, jedoch fordert sie eine hohe Hirnleistung ab. Falls du noch Probleme mit dem Anpacken von solch fordernden Aufgaben hast, kannst du gerne bei meinem Artikel über die Pomodoro-Technik vorbeischauen. Nun folgen einige Möglichkeiten wie man “Spaced Repetition” in der Prüfungsvorbereitung anwenden kann:

  1. Teste dich ob du das Gelernte wiedergeben kannst. Nehme dafür den Blick weg vom Lernstoff (Buch, Skript, etc.) und versuche dich aktiv an den Lernstoff zu erinnern. Du kannst dabei beispielsweise Stift und Papier nehmen und dir eigene Testfragen stellen.
  2. Verwende beispielsweise folgende Wiederholungsintervalle: ein Tag, drei Tage, eine Woche, einen Monat, sechs Monate. Diese aufgezeigten Wiederholungsintervalle stellen nur eine Möglichkeit dar. Natürlich kannst du dieses System individuell für dich anpassen.
  3. Versuche dich in Alltagssituationen an das Gelernte zu erinnern und gehe später zur Lernquelle zurück.
  4. Arbeite mit Lernkarten oder Apps, welche dir ein geordnetes System bieten. Auf diese zwei Punkte gehe ich später noch genauer ein.

Anwendungs-Tipps

  1. Nutze die Tageszeit, in der du weisst, dass du am produktivsten arbeiten kannst.
  2. Fokussiere dich nur auf das Lernen und schaffe sämtliche Ablenkungen aus dem Weg. Arbeite beziehungsweise lerne beispielsweise in 25 Minuten Intervallen.
  3. Versuche so frei wie möglich, ohne auf das Lernmaterial zu schauen, auf deine Testfragen zu antworten.
  4. Kreiere Eselsbrücken und versuche nicht einfach stur den Lernstoff auswendig zu lernen.
  5. Wenn du in einer Gruppe lernst, versuche das Gelernte einer anderen Person so verständlich wie möglich zu erklären.

Lernen mit Karteikarten: Leitner-System

Ein sehr bekanntes “Spaced Repetition”-Modell kennst du vielleicht schon von deiner Schulkarriere. Es heisst das Leitner-System und implementiert simpel das “Spaced Repetition”-Prinzip. Diese Methode für die effiziente Nutzung von Lernkarten, hat der Wissenschaftsjournalist, Sebastian Leitner, in den 1970er Jahren erfunden.

Das Leitner-System arbeitet mit fünf Fächern. Zu Beginn befinden sich sämtliche Lernkarten im ersten Fach, wenn du eine Karte richtig beantwortet hast, rückt sie ein Fach weiter. Falls du eine Karte nicht beantworten kannst oder falsch beantwortest, legst du sie in das erste Fach zurück. Alle fünf Fächer haben unterschiedliche Grössen, somit erst wenn ein darauffolgendes Fach voll ist, darf man anfangen mit dem zu arbeiten. Natürlich kannst du das nach deinen Bedürfnissen anpassen und eigene Wiederholungsintervalle festlegen.

Mit diesem System hast du eine Möglichkeit, in ganz altmodischer, analoger Form die “Spaced Repetition”-Idee anzuwenden.

Digitale “Spaced Repetition”: Empfehlung von Apps

Seitdem das Leitner System erfunden worden ist, hat sich vieles verändert, unter anderem existieren mittlerweile zahlreiche digitale Karteikartensysteme. Diese digitalen Systeme basieren auf komplexen Algorithmen, welche das Leitner-System intelligent erweitern. Die Technik erlaubt es, Informationen über die jeweilige Person zu erfahren, um folglich die Wiederholungsintervalle individuell anzupassen.

Ich finde, dass es durchaus Sinn macht mit digitalen “Spaced Repetition”-Systemen zu arbeiten. Nun folgen zwei Tools beziehungsweise Apps, die sich lohnen können auszuprobieren:

Eine sehr beliebte App ist Anki. Diese App hat mir im Studium schon gute Unterstützung geleistet. Anki bietet eine grosse Community von Leuten, die ihre Lernkarten (Decks) teilen und somit könne alle User darauf zugreifen. Zudem ist die App sehr flexibel und anpassbar, somit kannst du dich beim Erstellen der Lernkarten kreativ austoben.

Anki gibt es auf folgenden Plattformen: Mac OS, Windows, Linux, iOS, Android und ist auch direkt über den Browser verfügbar. Die App ist auf sämtlichen Plattformen kostenlos, bis auf die iOS-Version, welche kostenpflichtig ist.

Ist die erste Computersoftware für “Spaced Repetition”, die der polnische Forscher Piotr Wozniak ins Leben ruf. SuperMemo ist in gewisser Weise die Mutter aller “Spaced Repetition”-Apps. Die Software verwendet einen komplexen Algorithmus, welcher die Wiederholungsintervalle bestimmt. SuperMemo gibt es auf folgenden Plattformen: Windows, iOS, Android und im Browser.

Viel Erfolg bei deiner nächsten Prüfung!

“Spaced Repetition” stellt eine sehr wichtige Lernmethode dar, wenn es darum geht sich mehr von dem Gelernten merken zu können und gleichzeitig Zeit zu sparen.

Probiere diese Technik beispielsweise bei der Vorbereitung auf deine nächste Prüfung aus und teile in der Kommentarsektion der Community deine Erfahrungen mit. Vielen Dank!

Liebe Grüsse

Nicola Flückiger